Lebhaft diskutieren, sachlich sich austauschen – nur so kann man die Probleme der Zukunft lösen. Davon ist Heike Barall-Quiring, Ortsvorsitzende der FDP in Starnberg, überzeugt. Ihren Kurs im Ortsverband würde sie auch gern dem Stadtrat verordnen: „Ich meine, Politik muss noch Spaß machen, aber in Starnberg sagen die Bürger, sie können es nicht mehr hören.“ Eine Chance sieht die Ortsvorsitzende darin, junge Leute einzubinden: „Die sind unvoreingenommen und bringen den dringend nötigen frischen Wind mit.“ Ihrer Ansicht nach ist im aktuellen Stadtrat eine sachorientierte Arbeit kaum noch möglich. Die Grabenkämpfe dort verbrauchten unnötig Kraft, Zeit und Steuergeld. Barall-Quiring warb deshalb im Gespräch mit der Presse nachdrücklich für den in der Bürgerversammlung gemachten Vorschlag von Stefan Zeil, Sohn des früheren liberalen Wirtschaftsministers in Bayern, Martin Zeil, eine Mediation anzustreben. Ihr Appell: „Die Bürgermeisterin muss mit dem Stadtrat gemeinsam arbeiten, aber der Stadtrat muss auch mit der Bürgermeisterin gemeinsam zum Wohl der Stadt arbeiten.“ In der Bürgerschaft habe sich nämlich schon längst die Erkenntnis durchgesetzt, dass es gar nicht sein könne, dass nur eine Seite Fehler mache. Die Alternative bedeute, dass die heutigen Zustände bis 2020 so weiter gingen. Einen Versuch sei eine Mediation allemal wert, so Barall-Quiring. „Wir geben ihr eine Chance. Wir können doch nicht sagen, wir machen bis 2020 so weiter.“ Vielmehr müsse der Mediator von beiden Seiten verlangen, sich in die jeweils andere Seite hinein zuversetzen. FDP-Stadtrat Anton Wiesböck zollte der Bürgermeisterin ausdrückliches Lob: Das Amt so auszuführen, lange ohne die Unterstützung eines Rechtsbeistandes, und die Sitzungen vielfach allein zu bestreiten, damit die Mitarbeiter der Verwaltung geschont werden – „das muss man erst mal können“.
FDP-Stadträtin Iris Ziebart hat nach eigenen Worten in den seit 15 Jahren andauernden Diskussionen um die Seeanbindung „ordentlich Federn lassen müssen“. Sie glaubt, dass es noch ein weiter Weg sein wird, bis erkannt werde, dass nur eine im Tunnel unter der Erde geführte Bahn am Seeufer eine zukunftsfähige Lösung ist. Deshalb wolle sich ihre Fraktion im Stadtrat jetzt auf die Aufgabe konzentrieren, zu erreichen, dass der Bahnhof am See barrierefrei, ordentlich und mit ansprechendem Umfeld umgestaltet wird. Auf diesem Weg als hinderlich sieht Ziebart an, den Ende dieses Jahres verjährenden Vertrag zwischen Stadt und Bahn AG aus 1987 zu verlängern bis man sich auf das weitere Vorgehen geeinigt hat. Das dauere wegen der juristisch schwierigen Fragen vermutlich sehr lange und in dieser Zeit passiere wieder nichts, weil der Bahn die Hände gebunden seien, selbst Fördermittel für den barrierefreien Umbau zu beantragen, und der Stadt ebenso, weil sie am Eigentum der Bahn nicht einfach tätig werden dürfe. Eine Verlängerung der Verjährungsvereinbarung sei der bessere Weg. Die Stadträtin sprach von „Geldvernichtung“, weil das Gutachten eines nicht genehmen Rechtsanwalts, das 40000 Euro gekostet habe, von der Ratmehrheit „in die Tonne“ geworfen werden solle. Sie bemängelte dass die Ratsfraktionen bis auf wenige Ausnahmen trotz Aufforderung der Bürgermeisterin keine Vorschläge gemacht hätten, was sie am See wollen, nachdem die ursprünglichen großen Pläne, die noch unter Altbürgermeister Ferdinand Pfaffinger erarbeitet worden waren, mit Mehrheit für nicht finanzierbar erklärt worden seien. „Wir drängen darauf, dass der Stadtrat eine Haltung entwickelt, die man der Bahn als Ziel mitteilen kann“, so Ziebart. Kein Ratsmitglied, Bürger oder Bahnkunde wolle die derzeitigen Zustände behalten. Das gelte im Übrigen auch für die Seepromenade: „Es ist einfach unwürdig, wie das ausschaut.“ Sollte man sich verständigen können, dafür jetzt ein Planungskonzept auf den Weg zu geben – welches sicher drei Jahre dauere – , könnte bis dahin auch eine Einigung mit der Bahn auf dem Tisch liegen. Beides ließe sich dann zusammenführen „und es wäre endlich etwas erledigt“. Den Antrag des CSU-Kollegen Stefan Frey, nur noch Tunnel und Umfahrung in Starnberg Priorität einzuräumen, sieht die Liberale kritisch: „Es kann doch nicht sein, dass die CSU das wirklich will, dass es am See weitere zehn Jahre so aussieht?“ Wie berichtet, hatte die Ratsmehrheit erst jüngst wieder Ziebarts Antrag, ein kleines Plangutachten für die künftige Entwicklung der Seepromenade in Auftrag zu geben, abgelehnt (siehe Empfehlungen? Fehlanzeige!).
Wiesböck widmete sich dem Thema „Verkehrsberuhigung Innenstadt“ und lehnte gleich mal ab, die Anzahl der Parkplätze zu sehr zu reduzieren. Auch er reagierte auf Äußerungen von Frey, die CSU werde für ein Innenstadtkonzept keinen Cent bereit stellen. „So bringen wir nichts zam, fahren immer nur Karussell. Wir müssen lernen, Kompromisse einzugehen.“ Wiesböck forderte auch eine kleine Umfahrung für die Zeit während des Baus des B2-Tunnels, damit eine lebendige Innenstadt erhalten bleibe. Er verwies auf die Staus, die diese Woche nur eine kleine Baustelle an der Strandbadstraße nach sich gezogen hatte: riesige Auswirkungen auf den Verkehr auf der Münchner Straße, der A 952 sowie in der Berger Straße. „Jemand hat für die fünf Kilometer von Wangen bis zum Schmalzhof 65 Minuten gebraucht.“ Nötig sei für Starnberg eine Ost-West-Verbindung zwischen Wolfratshausen und Gilching. Eine solche Variante hätte die FDP mit dem Verkehrsentwicklungsplan (VEP) gern versucht, aber die Arbeit sei durch einen Antrag von Rudi Nirschl (CSU-Mitglied und früherer Stadtrat) gestoppt worden. „Macht man das willkürlich, überlegt man nicht?“, fragte Wiesböck aufgebracht. So sei auch die Umfahrungsplanung abgebrochen worden. Zudem habe die Stadtratsmehrheit das Bürgerbegehren, die Stadt solle nichts für den Bau des Tunnels tun dürfen, abgelehnt worden. Bei dem Bürgerentscheid „hätten wir sehen können, was die Starnberger Bürger wollen“. Wiesböck glaubt, die Berger und Perchaer würden gern in Starnberg einkaufen, doch angesichts der Verkehrsverhältnisse führen sie längst wo anders hin. Das unterstützte Ziebart mit Zahlen: Die Wertschöpfung betrage in Starnberg nur 40 Prozent, in Weilheim dagegen 100 Prozent. „Fachplaner sagen uns schon seit Jahren, dass man für die Innenstadt abseits der Baumaßnahmen Tunnel oder Umfahrung sehr viel machen könnte. Der Durchgangsverkehr muss aus Wittelsbacher- und Kaiser-Wilhelm-Straße raus. Das gehe, weil die Hauptstraße aufnahmfähiger werde, wenn Josef-Jägerhuber-Straße und Wittelsbacherstraße mit einer Ampel zusammengefasst, und somit nur noch vier Straßen am Tutzinger-Hof-Platz aufeinandertreffen würden. Den Bau des Tunnels hält die FDP-Fraktion für einen Fehler. Sie erwartet Verkehrsentlastung schon mal durch die nächstes Jahr fertiggestellte Westumfahrung, die ihrer Ansicht nach um eine Nordostumfahrung bis Oberdill und eine Abstufung des Autobahnastes nach Starnberg ergänzt werden sollte. Dann könnte auch Percha Entlastung bekommen. „Wenn alle die Einsicht hätten, sie wollten eine verkehrsberuhigte Innenstadt, wie von der STAgenda, dem Rahmen-, Stadtentwicklungsplan und noch nicht abgeschlossenen VEP vorgeschlagen, dann könnte man es doch jetzt in Angriff nehmen“, so Ziebart, „sich damit befassen, es wollen und dann entsprechend entscheiden! Aber wenn man lieber bei der nächsten Wahl sagen will, es ist in Starnberg nichts geschehen, dann will man so etwas natürlich nicht.“ Der Stadtrat könne sich den vor Jahren teils mit absoluten Mehrheiten gefassten Beschlüssen nicht verschließen und Lösungsvorschläge einfach vom Tisch wischen. Auch könne er nicht „mutwillig wollen“, dass 80000 Euro Städtebaufördergeld zurückgezahlt werden müssen, weil man den VEP nicht zu Ende bringe, hofft die Stadträtin.
FDP-Vorstandsmitglied Wolfgang Ziebart hat seine Sicht der Dinge: „Die meisten Stadträte verfolgen ganz andere Interessen als die, für die Stadt etwas voran zu bringen. Die FDP versucht trotzdem sachlich richtige Lösungen hinzukriegen. Das ist häufig das Gleiche, was auch die Rathausverwaltung will, aber nicht immer. Es müsste wieder das sachlich Richtige in den Vordergrund gestellt werden. Aber einer Sache zuzustimmen, wird von jeder Seite als Schwäche angesehen. Da hat nur ein externer Mediator eine Chance.“ Er bestätigte die Einschätzung von Wiesböck, die FDP habe bei ihrem Vorstoß, die Straßenausbaubeitragssatzung (StraBS) generell abzuschaffen richtig gedacht. Dagegen sei bei der Stadtratsmehrheit wohl im Vordergrund gestanden: „Wenn wir für die Abschaffung votieren, dann ist das ein Erfolg für Bürgermeisterin Eva John. Es geht nur um die Frage, wie erreiche ich einen maximalen Schaden für die Bürgermeisterin. So lange das nicht weg ist, kommt man zu keiner sinnvollen Sacharbeit.“ Wie berichtet, hatte die Mehrheit aus CSU, UWG, Grünen, SPD, BLS und DPF bis zur letzten Ratssitzung den Antrag von Angelika Kammerl (DPF) unterstützt, entgegen der von John verfügten Abschaffung der Satzung eine bürgerfreundliche StraBS zu erarbeiten. Erst jetzt, nachdem sich nun der Bayerische Landtag überlegt, das entsprechende Gesetzt vielleicht doch zu ändern und es den Kommunen frei zu stellen, ob sie eine solche Satzung haben wollen, hatte Kammerl um Zurückstellung ihres Antrags gebeten. Wiesböck kündigte an, künftig wieder mehr „simple Anträge“ zu stellen, damit sachlich etwas voran geht. Bisher eingehende Anträge der anderen Fraktionen veranlassten ihn zu der Aussage: „Wir wollen ja nicht, dass der Bürgermeisterin die Kraft ausgeht.“
Ein solcher FDP-Antrag könnte ein, den Erhalt der Traglufthalle des ehemals von Peter Lang geführten Tennis-Parks an der Gautinger Straße so lange zu erhalten, bis es für die Grundstücke, auf denen das insolvente Unternehmen steht, eine konkrete Planung gebe. Parallel sollte nach einem neuen Standort gesucht werden, an dem ein privater Investor einen neuen Tennispark realisieren könnte. Iris Ziebart hob die Verdienste hervor, die sich Lang für den Tennissport in Starnberg und damit für die Stadt erworben habe.